Weleda und die Zeit zwischen 1933 und 1945
Historiker arbeiten den Sachverhalt auf
Weleda wurde 1921 gegründet und blickt heute auf eine lange Geschichte zurück. In diese Zeit fällt auch die nationalsozialistische Diktatur der Jahre 1933 bis 1945. Und wie viele andere Unternehmen auch, haben auch wir es Historikern ermöglicht, in unserem Firmenarchiv zu erforschen, in welcher Situation sich Weleda damals befand und wie sich die Verantwortlichen in dieser Zeit verhalten haben. Mit der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) haben wir selbst eine wissenschaftliche Einrichtung mit der Erforschung der Zeit von 1933 bis 1945 beauftragt.
Die Ergebnisse der GUG-Studie
Im Vordergrund der Forschungen der GUG standen die Verbindungen von Weleda zum KZ-Arzt Sigmund Rascher sowie die Tätigkeit des ehemaligen Weleda Gärtners Franz Lippert im Kräutergarten des KZ Dachau. Auch Fragen nach einer Beschäftigung von Zwangsarbeitern, von Arisierungen und der politischen Gesinnung der Unternehmensführung ging die GUG in verschiedenen Archiven nach. Die Ergebnisse legen die Historiker in diesem Forschungsbericht dar. Ihre wesentlichen Erkenntnisse:
- Es finden sich keine Hinweise darauf, dass Weleda von Arisierungen profitiert hat – also der Vertreibung von Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben.
- Weleda hat keine Zwangsarbeiter beschäftigt.
- Als der ehemalige Chefgärtner von Weleda, Franz Lippert, 1941 seine Tätigkeit im Kräutergarten des KZ Dachau aufnahm, stand dies in keinerlei Verbindung zu seiner früheren Tätigkeit bei Weleda.
- Weleda bestellte Pflanzen beim Kräutergarten des KZ Dachau und die Verantwortlichen in der Firmenleitung wussten möglicherweise vom Einsatz von Häftlingen im Kräutergarten des KZ Dachau.
- Der KZ Arzt Sigmund Rascher bestellte bei Weleda 20 kg Frostcreme. Es ist unklar, ob er sie bei seinen Versuchen im KZ eingesetzt hat oder ob dies überhaupt seine Absicht war.
- Die Geschäftsleitung der Weleda AG trat nicht in die NSDAP oder andere Parteigliederungen ein.
- Weleda konnte es in der firmeneigenen Zeitschrift „Weleda Nachrichten“ bis zu ihrer Einstellung 1938 vermeiden, sich an Nazi-Rhetorik und -Symbolik anzupassen.
Publikationen anderer Forscher
Schon in den 1990er Jahren forschte der Historiker Uwe Werner im Archiv der Weleda AG zur Zeit des Dritten Reiches und veröffentlichte 1999 sein Buch „Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus“. Einige Jahre später erschien sein Buch „Weleda von 1921 – 1945“, in dem Werner die Gründung des Unternehmens und dessen Vision einer sozialen, ökologischen und ökonomischen Idee schildert. Darin beschreibt er die Jahre der nationalsozialistischen Diktatur als ein „Überleben in einem menschenverachtenden Umfeld“. Es habe sich zwar nicht um eine Form von aktivem Widerstand gehandelt, man könne aber von passivem Widerstand sprechen, so der Historiker.
Und auch Peter Selg, Susanne H. Gross und Matthias Mochner forschten für ihre Publikation „Anthroposophen und Nationalsozialismus. Die anthroposophische Ärzteschaft“ unter anderem im Firmenarchiv von Weleda. Der zweite Band ihrer dreibändigen Studie wird sich unter anderem mit der wechselvollen Geschichte von Weleda in den schwierigen Jahren der nationalsozialistischen Diktatur befassen und voraussichtlich Anfang 2025 erscheinen.
Die Situation der Jahre 1933 bis 1945
Als anthroposophisch orientiertes Unternehmen stand Weleda während der nationalsozialistischen Diktatur immer wieder am Rande eines Produktionsverbots. Die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland wurde von den Nationalsozialisten zum 1. November 1935 verboten und Anthroposophen gehörten im Dritten Reich zu einer gesellschaftlich ausgegrenzten Gruppe. Vor allem in der Nachkriegszeit sahen sie sich deshalb primär als Opfer. Neuere Forschungen, wie die oben aufgeführten Studien, zeichnen hier jedoch ein differenzierteres Bild und kommen zu dem Ergebnis, dass es in anthroposophischen Kreisen Opfer gab, genauso wie Mitläufer und auch Täter.
Wurde Weleda Frostschutzcreme bei Experimenten an Häftlingen im KZ Dachau eingesetzt?
1943 lieferte Weleda einmalig 20 Kilogramm Frostschutzcreme an die Wehrmacht. Die Lieferung ging an die Münchner Privatadresse von Sigmund Rascher, der Stabsarzt bei der Luftwaffe war und für die SS geheime Versuche an Häftlingen im KZ Dachau durchführte. Dabei setzte er Häftlinge Unterkühlungsversuchen aus. Sowohl die GUG als auch das Forscherteam um Peter Selg kommen zu dem Ergebnis, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass Rascher die Frostschutzcreme bei den Versuchen eingesetzt habe. Auch hätten die verantwortlichen Personen bei Weleda keine Kenntnis von den Menschenversuchen Raschers im KZ Dachau gehabt. Peter Selg und seine Kolleginnen und Kollegen vermuten jedoch, dass einzelne Mitarbeitende von Weleda aufgrund ihrer persönlichen Kontakte zu Rascher möglicherweise trotz der hohen Geheimhaltungsstufe von seinen Versuchen wussten. Aus den Quellen belegen lässt sich dies jedoch nicht.
Erst Ende der 1990er Jahre wurden die Versuche von Rascher aufgedeckt. Auch Weleda erfuhr erst zu dieser Zeit davon. Das Unternehmen bedauerte dies zutiefst, auch wenn es keinen Hinweis darauf gibt, dass Rascher die Frostschutzcreme bei seinen Experimenten eingesetzt hat. Weleda entschuldigte sich dennoch schriftlich bei der Aktion Kinder des Holocaust (AKdH).
Wie war der Gärtner Franz Lippert mit Weleda verbunden?
Franz Lippert, der als Gärtnermeister den Weleda Heilpflanzengarten in Schwäbisch Gmünd angelegt und geleitet hatte, gab im Herbst 1940 seine Tätigkeit nach 16 Jahren bei Weleda in Schwäbisch Gmünd auf. Ab September 1941 leitete er den biologisch-dynamischen Anbau in den Anlagen der Deutschen Versuchsanstalt (DVA) in Dachau. Die „Kräutergarten“ genannte Anlage gehörte zum KZ Dachau. Lippert blieb bis März 1945. In dieser Zeit war er ausschließlich mit biologisch-dynamischem Anbau von Pflanzen beschäftigt. Er versuchte immer wieder, die Situation der Häftlinge zu erleichtern. Dies belegen eidesstattliche Erklärungen von ehemaligen Häftlingen nach Kriegsende. Lippert, so der Historiker Uwe Werner in seinen Recherchen, „muss auch als Zeuge einer jahrelangen Verblendung gegenüber dem Regime gelten, dessen unmenschliche Natur ihm zu spät zum Bewusstsein kam.“ Das Spruchkammerverfahren gegen Lippert wurde im September 1948 mit der Begründung eingestellt, dass der Betroffene „überhaupt nicht belastet ist“.
Unverhandelbare Werte
Weleda ist heute eine Gemeinschaft mit über 2300 Mitarbeitenden in über 20 Ländern. Rassismus und Diskriminierung haben bei uns keinen Platz. Wir leben Vielfalt und übernehmen Verantwortung füreinander auf Basis unser Werte und Prinzipien:
- Ganzheitlichkeit: Wir denken, fühlen und handeln ganzheitlich.
- Verantwortung: Wir sind Vorbild und übernehmen Verantwortung für unser Handeln.
- Vertrauen: Wir schaffen Vertrauen durch Transparenz und Ehrlichkeit.
- Wirtschaftlichkeit: Wir wirtschaften gesund und effizient, denn wirtschaftlicher Erfolg macht vieles erst möglich.
- Offenheit: Wir leben den Pioniergeist von Weleda und sind offen für Neues.
- Begeisterung: Wir begeistern die Menschen für die Kraft der Natur.