Wie wir neue Sinne an uns entdecken können
Der frisch gemahlene Kaffee, die Lieblings-Musik im Radio oder das kuschelige Badehandtuch: Wir sehen und hören, riechen, tasten und schmecken. Alles was wir erleben und wahrnehmen, erfahren wir über unsere Sinne.
Im Alltag scheinen unsere Sinneswahrnehmungen oft nebensächlich, dabei nehmen wir erst durch sie bewusst am Leben teil – und zwar mit mehr als den bekannten fünf. Der Naturwissenschaftler und Philosoph Rudolf Steiner, der Weleda gegründet hat, beschäftigte sich intensiv mit der menschlichen Fähigkeit der Wahrnehmung. Er entwickelte daraus zwölf Sinne insgesamt . Die üblichen fünf, also Tasten, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken ergänzte Steiner mit sieben weiteren Sinnen. Das sind der Wärmesinn, Gleichgewichtsinn, Bewegungssinn, Wortesinn, Gedankensinn, Lebenssinn und Ich-Sinn. Unterteilt hat er die zwölf in drei Bereiche: die Umgebungssinne, Körpersinne und sozialen Sinne.
Die Umgebungssinne
Der Sehsinn ist der am meisten genutzte Sinn, wenn wir uns orientieren müssen. Wir schauen, ob die Sonne scheint und wo der Haustürschlüssel mal wieder liegt. Dass diese sehende Welt auch Qualitäten hat, bemerken wir erst, wenn wir bewusst innenhalten: Licht, Dunkelheit und Farben.
Bitter oder salzig, süß oder sauer? Mit unserem Geschmackssinn unterscheidet unsere Zunge vier Qualitäten. Doch Geschmack ist vielfältig und komplex, auch weil sich die Geschmackserlebnisse leicht mit anderen Sinnesqualitäten, wie Gerüchen und dem Tasterlebnis auf der Zunge, vermischen.
Auf Gerüche und Düfte reagieren wir ganz individuell und emotional. Kein Wunder, ist der Geruchssinn doch überaus empfindlich.
An einem kalten Wintertag greifen wir ohne Handschuhe lieber zur Schneeschaufel mit Holzgriff als zum Modell mit einem Eisengriff. Der Grund dafür ist unser Wärmesinn, mit dem wir Materialien und Räume, in denen wir uns aufhalten, durchdringen.
"Die 12 Sinne lassen sich in drei Bereiche unterteilen: die Sinne der Umgebung, die Sinne unseres Körpers und die sozialen Sinne.”
Die Körpersinne
Der Gleichgewichtssinn ist uns meist gar nicht bewusst. Erst wenn etwas nicht stimmt, wir das Gleichgewicht verlieren oder uns schwindelig wird, bemerken wir, wie wichtig dieser Sinn für uns und unser Bewusstsein ist.
Auch den Eigenbewegungssinn nehmen wir als selbstverständlich hin. Mit seiner Unterstützung bewegen wir Hände, Arme und Beine, ohne sie dabei anschauen zu müssen. Wir können etwa unsere Hände hinter unserem Rücken zusammenführen.
Sind wir müde oder krank, spüren wir den Lebenssinn. Er verbindet uns mit unserem Körper, lässt uns den Rhythmus von körperlicher Frische am Morgen und Ermüdung am Abend erleben.
Über ihn drücken wir Mitgefühl und Zärtlichkeit aus und erleben, wie Berührung wirken kann: unser Tastsinn ist immer mit Bewegung verbunden, etwa wenn wir uns in einem dunklen Raum befinden. Wir bewegen uns vorsichtig, stoßen wir plötzlich an einen Gegenstand, spüren wir die Grenzen unseres Körpers und und die der Gegenstände in unserer Umgebung.
Die sozialen Sinne
Hören bedeutet Nähe: Wenn wir die Stimme eines Menschen oder auch Tieres hören, fühlen wir uns verbunden. Wir können jemandem aus der Distanz zuschauen; wenn wir ihm zuhören, sind wir ihm schon sehr nah.
Noch näher kommen wir uns über den Wort- und Sprachsinn, der sich vom Hören ganz wesentlich unterscheidet. Verstehen und sprechen wir etwa eine Fremdsprache nicht, erkennen wir trotzdem die menschliche Lautbildung.
Um jemand zu verstehen, hören wir zu und nehmen die Gedanken des anderen in uns auf. Mit Hilfe des Gedankensinns können wir beim Zuhören Gedanken erfassen, die wir selbst noch nicht hatten.
Gerade erst geboren, wenden wir uns vom ersten Moment anderen Menschen zu, nehmen wir als Mensch andere Menschen wahr. Für dieses einzigartige Interesse steht der Ich-Sinn.